Erstmals seit den Protesten 2020 wurde im autoritär regierten Belarus gewählt. Doch Herrscher Alexander Lukaschenko hat wenig zu befürchten. Auch, weil er einen mächtigen Partner hat.
Frau Dryndova, im autoritär regierten Belarus wurde am Sonntag das Parlament neu gewählt – eine Abstimmung in einer Atmosphäre der Angst?
Ja, auf jeden Fall. Wir beobachten eine solche Atmosphäre seit der Präsidentschaftswahl 2020. Generell kann man sagen, dass sich zwischen Staat und Gesellschaft mittlerweile eine Beziehung entwickelt hat, in der der Staat versucht, die totale Kontrolle über das Leben der Menschen zu übernehmen. Das passiert in totalitären Systemen, nicht in autoritären. Das Land bewegt sich in Richtung Totalitarismus.in sozialen Medien können Menschen im Gefängnis landen.
Bei der Präsidentschaftswahl 2020 kam es zu monatelangen Protesten. Ist das jetzt wieder zu erwarten?. Heute ist es nicht mehr wichtig, ob man zur Opposition gehört oder nicht. Die Grenze jetzt liegt vielmehr zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Akteuren, loyalen und illoyalen Staatsbürgern. Belarus lässt keine unabhängige OSZE-Wahlbeobachtung zu. Will sich das Regime gar keinen demokratischen Anschein mehr geben?, wie sollen sich die Beziehungen zum Westen noch weiter verschlechtern? Die sogenannten Wahlen haben eine andere Funktion: dem Staats- und Repressionsapparat zu zeigen, dass Alexander Lukaschenko noch immer die Kontrolle über das politische System in Belarus hat. Dass die Proteste von 2020 nichts bedeuten.
Von der EU, von den USA wird er nicht als rechtmäßiger Präsident anerkannt, vieles wird mit der Opposition verhandelt. Das ist beispiellos in der belarussischen Geschichte, dass eine Oppositionsfigur wie Swetlana Tichanowskaja international so anerkannt ist. Lukaschenko hat seine Macht nur konsolidiert, weil er in den vergangenen Jahren den Repressionsapparat ausgebaut hat. Seine eigene Popularität ist ihm gar nicht mehr so wichtig.
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