„Man muss lernen, adäquat mit dem Ärger umzugehen“: Hupen, meckern, anrempeln – im Alltag geht es oft ungerecht zu. Psychologin Katja Bertsch erklärt, warum wir uns so oft stillschweigend ärgern, statt uns zu wehren.
"Hey, bist du dumm?", schreit ein Fahrradfahrer, während er haarscharf auf dem Gehweg an einer Fußgängerin vorbeifährt. Sie schaut ihn schockiert an, sage aber nichts. Eine Frau drängelt sich an der langen Schlange zur Kasse des Supermarktes vor. Sie stellt sich einfach mitten hinein. Eine andere Frau sagt:"Entschuldigen Sie mal, das geht so nicht", sonst sagt niemand etwas. Hupen, meckern, anrempeln - der Alltag in einer Großstadt.
an der Ludwig-Maximilians-Universität München beschäftigt sich unter anderem mit Emotionen und sozialen Interaktionen. Sie erklärt, warum wir so oft nicht für uns einstehen, wenn wir im Alltag Ungerechtigkeiten erfahren.Wir lernen im Laufe unseres Lebens, uns nicht immer aggressiv zu verhalten, da das auch gewisse Nachteile mit sich bringt.
Man muss zum Beispiel die Nähe und Distanz beachten, die Gefährdungssituation, die man für sich persönlich sieht. Wenn ich im Auto sitze und hupe, ist die Gefahr weiter entfernt, ich bin in relativer Sicherheit. Wenn ich direkt vor jemandem stehe und ihn anschnauze, ist die unmittelbare Reaktion der anderen Person viel direkter.
Es ist überhaupt nicht wissenschaftlich belegt, dass es uns langfristig Entspannung bringt, den Ärger unmittelbar auszuagieren. Das bringt vielleicht kurzfristig Erleichterung, aber kann auch zu anderen negativen Gefühlen wie Scham oder Schuld führen.
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