Den ganzen Artikel aus unserem Dossier zum feministischen Kampftag am 8. März könnt ihr nachlesen unter __________ 8m internationalerfrauentag
Sharon Austria und ihre Tochter Aira in Tel Aviv. Aira nannte die Arbeitgeber*innen ihrer Mutter Oma und OpaSharon Austria weinte, als sie ihre Mutter Glory zum Flughafen brachte. Sie war 16 Jahre alt, ging in die neunte Klasse in einer Schule in Santiago City, einer mittelgroßen Stadt der Philippinen, etwa sieben Autostunden von Manila entfernt.
Careworker*innen von den Philippinen, aus Indien und Thailand sind fester Bestandteil der Gesellschaft in Israel, was am Straßenbild zu sehen ist. Etwas mehr als 67.000 von ihnen arbeiten derzeit im israelischen Pflegesektor, rund 11.000 von ihnen mit abgelaufenem Visum. Da nahezu alle ausländischen Pflegekräfte über den Luftweg ein- und ausreisen, ist diese Zahl für Israel recht genau nachvollziehbar.
Für Austria, die mit ihrem Partner und ihren zwei Kindern zusammenlebt, ist klar, dass die Gesetze falsch sind und nicht etwa sie. „Lieber entspreche ich nicht dem Gesetz als mein Leben lang allein zu leben, ohne Familie“, sagt die zierliche Frau und wischt ihre halblangen braunen Haare aus dem Gesicht: „Ich bin doch keine Arbeitsmaschine.
Fast ein Jahr lang hatte Austria keinen freien Tag. „Es kam mir entgegen, denn ich wollte meiner Mutter ja das Geld für die Vermittlungsagentur zurückzahlen“, sagt sie. Ohne Vermittlungsagentur kein Visum. 5.000 Dollar hatte die Mutter für sie ausgelegt, eine horrende Summe für die beiden. Ihre Mutter kam nicht mehr nach Israel zurück. Stattdessen zog sie als Pflegekraft weiter in die USA. „Meine Mutter und ich konnten all die Zeit, die wir nicht zusammen verbracht haben, nicht zurückholen“, sagt Austria rückblickend. „Auch nicht in der Zeit, die wir zusammen in Israel verbrachten.“ Ihre Stimme klingt traurig, aber auch abgeklärt. „Ich hatte ja schon mein eigenes Leben.
Ein paar Jahre nach der Geburt ihrer Tochter begann Austria, sich politisch zu engagieren. 2009 erklärte Yaakov Ganot, der neue Chef der Einwanderungsbehörde, alle Kinder von Arbeitsmigrant*innen abschieben zu wollen. Kurz darauf riegelte die Polizei einen Bezirk im Süden Tel Avivs ab, in dem die meisten Arbeitsmigrant*innen mit ihren Familien lebten. Sie kontrollierten alle, die ein und aus gingen.
Mit ihrem hebräischen Jugendslang und ihrer Lebendigkeit wirkt Aira, die seit ihrer Geburt illegalisiert in Israel lebt, wie eine durchschnittliche israelische Teenagerin. Seit 2003 gibt es eine Regelung, dass Kinder zur Schule gehen dürfen – egal, welchen Status sie haben. Doch die Angst vor der Abschiebung in ein Land, das sie noch nie gesehen hat, begleitet sie permanent. Und Angst vor weißen Autos – der Farbe der Autos der Immigrationspolizei.