Die Impffrage spaltet. Umso mehr gilt es, im Gespräch zu bleiben, findet unsere Autorin. Sie traf Sabine – die ist ungeimpft und will es bleiben.
Ein Artikel vonWäre ich mit Sabine in einem Café oder einem Geschäft zufällig ins Gespräch gekommen, es hätte sich wohl schnell ein vertrautes Gefühl eingestellt. Wir leben beide im Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, sind beide ungefähr Mitte 40 und Akademikerinnen. Wir haben beide zwei Kinder. Sabine hat früher im Kulturbereich gearbeitet und will jetzt Lehrerin werden, ich kenne einige, die wie sie in den Lehrerjob wechseln.
Wir wissen beide nicht, ob das Gespräch entgleisen wird. Es steht keine Freundschaft auf dem Spiel. Wir sehen uns an diesem Tag zum ersten Mal, eine Bekannte hat den Kontakt vermittelt. Für 2G gibt es Gründe. Delta ist im November die verbreitete Coronavariante. Wenn Ungeimpfte weniger Kontakte haben, gibt es weniger schwere Verläufe, die Kliniken werden dann nicht so schnell überlastet. Geimpfte infizieren sich bei Delta zudem seltener und sind, wenn sie sich doch infizieren, kürzer ansteckend als Ungeimpfte, heißt es vom Robert-Koch-Institut.
Dann kam Corona. Die Bilder aus Bergamo hätten sie getroffen, sagt Sabine. Die Lockdowns hielt sie für notwendig. „Ich dachte auch, dass ich mich wohl impfen lassen muss.“ Das änderte sich im vergangenen Jahr. Sie hatte im Sommer das Studium fertig und hörte Podcasts von Biologen und Medizinern aus den USA. Bei Youtube stieß sie auf ein Video über Ivermectin, ein Medikament, das normalerweise zur Behandlung von Krätze oder Würmern eingesetzt wird.
Sabine beschäftigte sich auch mit den mRNA-Impfstoffen, die sie sehr kritisch betrachtet: „Man kann das guten Gewissens eine Gentherapie nennen“, sagt sie. Gentherapie hieße, dass die DNA im Zellkern verändert würde. Das sei sehr unwahrscheinlich, heißt es dazu vom Paul-Ehrlich-Institut, dafür bestehe „kein erkennbares Risiko“. Sabine überzeugt das nicht. Sie sagt: „Das möchte ich mir erst mal ein paar Jahre angucken.
Es gibt auch andere Erlebnisse, etwa mit ihrer Nachbarin. Die Kinder sind im gleichen Alter, Sabine wurde sonst immer zu ihrem Geburtstag eingeladen. Dieses Jahr nicht. „Darf ich keine andere Meinung mehr haben? Das hat mich echt getroffen“, sagt sie. Sie verweist auf ein Papier des Innenministeriums vom März 2020. Tatsächlich formulierte die Bundesregierung darin, dass man den Menschen Angst machen müsse, damit Corona nicht verharmlost werde. Um „die gewünschte Schockwirkung zu erzielen“, solle die „Urangst“ des Erstickens bedient werden, heißt es unter anderem. Die taz hat damals über das Papier berichtet. Auch mich befremden solche Formulierungen, Angst ist kein gutes Mittel in der Politik.
Nach über zwei Stunden gehen wir an diesem Nachmittag auseinander. Wir haben uns nicht gestritten. Aber jede ist bei ihrem Standpunkt geblieben. Wir wollen uns im Dezember wieder verabreden, aber finden keinen Termin. Delta geht um in diesen Wochen, gleichzeitig wächst die Sorge vor der neuen Variante Omikron. Ich ergattere einen Termin für eine Boosterimpfung und freue mich.
Ich frage sie, ob unser Gespräch auch bei ihr etwas ausgelöst habe. Sie sagt, es mache ihr Hoffnung, dass sich überhaupt noch jemand für die andere Seite und ihre Kritik am Impfen interessiere. „Die Aufgabe der Medien ist die Kontrolle der Macht. Ich finde, die kommt einfach zu kurz.“ Es ist nicht in Ordnung, wenn Kinder darunter leiden, dass ihre Eltern gegen das Impfen sind. Sabines große Tochter wäre gerne geimpft, wie alle anderen in ihrer Klasse. „Sie ist total verzweifelt.“ Sabines Haltung erscheint mir hart. Sie könnte nachgeben, das will sie aber nicht. Sie sagt: „Das Risiko meiner Tochter, schwer zu erkranken, geht gegen null.“
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