Spätes Renteneintrittsalter schützt weder vor Fachkräftemangel noch vor leeren Rentenkassen. Der Streit um die Rente mit 63 ist ein Nebenschauplatz.
Kürzen wir bei der Rente, schon arbeiten die Leute länger und das ist gut gegen den Personalmangel! So lautet der Vorstoß von CDU-Fraktionsvize Jens Spahn, der die sofortige Abschaffung der sogenannten Rente mit 63 fordert. Der Vorstoß ist perfide, weil er den Personalmangel mit den Finanzproblemen der Rentenkasse verknüpft.
Die Gerechtigkeitsfrage aber kann man trotzdem stellen: Wie fair ist die „Rente mit 63“, also die vorgezogene Rente ohne Abschläge nach 45 Jahren Versicherungszeit, gegenüber anderen Rentenempfänger:innen, die hohe Abschläge in Kauf nehmen müssen, weil sie eine kürzere oder löchrigere Erwerbsbiografie haben, und gegenüber jüngeren Beitragszahler:innen? Wer 45 Jahre gearbeitet hat, erhält ja schon eine relativ gute...
Erhebungen zeigen, dass es vor allem Haushalte mit mittleren Einkommen sind, die vom abschlagsfreien frühen Renteneintritt profitieren. Dieser liegt übrigens inzwischen bei 64 Jahren, die Altersgrenzen wurden auch hier angehoben, man müsste also korrekterweise von einer „Rente mit 64“ sprechen.
Die Rente mit 64 ist aber ein begrenzter Schauplatz: Rund 270.000 Leute gingen 2021 vorzeitig und abschlagsfrei in Rente. Müssten diese Neuzugänge im Durchschnitt Abschläge von 110 Euro pro Monat hinnehmen, wie andere vorzeitige Rentner:innen, käme die Rentenkasse auf eingesparte 356 Millionen Euro im ersten Jahr. Das rettet die Rentenkasse nicht. Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt liegt bereits bei jährlich 100 Milliarden Euro.
Die Debatte um die „Rente mit 63“ muss also politisch eingebettet werden in eine Diskussion etwa über den Renteneintritt für besonders belastende Berufe. Es wird aus demografischen Gründen nicht ohne Einschränkungen gehen für die Rentner:innen, aber welche zumutbar sind und welche nicht, ist eine der Gerechtigkeitsdebatten der Zukunft.
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